Führungsqualität: Mehr als ein Zauberwort

Fachkräfte nicht nur gewinnen, sondern auch halten – Neue Wege der Mitarbeiterbindung. Wie kann ungewollte Mitarbeiterfluktuation verhindert und langfristige Mitarbeiterbindung erreicht werden? Dass dabei nicht das Geld der ausschlaggebende Faktor ist, ist mittlerweile bekannt.

Ziel sollte es vielmehr sein, eine emotionale Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zu erzeugen. Es gilt, individuelle Bedürfnisse, Potenziale, Stärken, Fähigkeiten und Ziele zu verstehen und mit den Angeboten und Optionen im Unternehmen zu verbinden. So wird bewirkt, dass jeder Mitarbeiter, gleich welcher Ebene, sich selbst als Mensch dem Unternehmen als Ganzem verbunden und verpflichtet fühlt. Gut ist, wenn zugleich Ziele und Werte des Unternehmens mit denen des einzelnen Mitarbeiters weitgehend deckungsgleich sind – so entsteht „Heimat“, und das bedeutet Bindung.

Der Schlüssel dazu sind kontinuierliche Gespräche und Analysen der darin getroffenen Aussagen. Das fängt bereits beim Bewerbungsgespräch an und erstreckt sich über Mitarbeitergespräche, Beurteilungen, Potenzialanalysen, Talentmanagement-Programme und eine gelebte Feedbackkultur über die gesamte Zeit der Firmenzugehörigkeit. Durch diese Gespräche finden Vorgesetzte nicht nur heraus, welche (intrinsischen) Motivatoren einen bestimmten Mitarbeiter anspornen, sondern sie vermitteln dem Mitarbeiter auch das Gefühl, ein Teil des Ganzen zu sein. Führungskräfte machen so ein junges Talent oder ein erfahrenes Teammitglied zum Beteiligten und schaffen es so auch, dass sich der neue Mitarbeiter seinem Unternehmen und seinem Vorgesetzten gegenüber verbunden fühlt. Andauernde Motivation (und damit Bindung) steht und fällt mit der Führungskraft. Neben guter Führung spielen die folgenden Faktoren eine große Rolle, wenn es darum geht, warum Mitarbeiter bleiben oder gehen:

  1. Gute Führung (motivierendes Füh-rungsverhalten, Aufmerksamkeit, Transparenz, Freiräume, Gespräche)
  2. Karriere, Weiterbildung, Entwicklung (Aufstiegsmöglichkeiten, Talentmanagementprogramme, individuelleKarriereplanung, herausforderndeArbeit)
  3. Vergütung/Vergünstigungen/Versorgung (Grundgehalt, monetäre Beteiligungen, Personalrabatte, zusätzlicheVersicherungen, Altersvorsorge, Zuschüsse, Parkplätze)
  4. Kommunikation/Vertrauen (Einbindung, Mitspracherechte, Mitbestimmung)
  5. Teamarbeit, Kollegen (gemeinsame Veranstaltungen, Events, Teambuil-ding, gutes Arbeitsklima)
  6. Work-Life-Balance (Home Office, Kinderbetreuung, Flexibilität der Arbeitszeit)
  7. Corporate Identity/Employer Branding/Corporate Image (Teilnahme anMessen und Netzwerken, Authentizitätdes Unternehmens, Glaubwürdigkeitdes Unternehmens)
  8. Physische Grundbedürfnisse (kostenloses Wasser, gutes Essen in der Kantine, kostenloses Obst, ausreichendPausen)
  9. Gesundheitsförderung (Sportzuschüsse, Stressseminare, Gesundheitschecks)
  10. Standort (Standortsicherheit, guteVerkehrsanbindung)

Genau diese Faktoren sollte die Führungskraft regelmäßig überprüfen und mit Signalen und Maßnahmen „aufladen“.

Freiräume schaffen Zufriedenheit

Mitarbeiterbindung entsteht dort, wo die Unternehmen den Drang der Mitarbeiter zur Selbstverwirklichung ernst nehmen, ihn fördern und ihm gerecht werden. Hier wird der Wandel deutlich, der sich in den vergangenen Jahren vollzogen hat. Nur die Unternehmen, die sich mit ihren Mitarbeitern zusammen weiterentwickeln, haben eine Chance, am Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Neue Ideen, die unter anderem in deutschen, aber auch amerikanischen Firmen bereits erprobt wurden, helfen dabei weiter:

Wie wäre es zum Beispiel damit, die Kreativität am Arbeitsplatz zu fördern, indem spontane Arbeitsunterbrechungen möglich sind? Ein Teil dieser Zeit (rund zehn Prozent) könnte sogar offiziell für private Belange, eine spezielle Lektüre oder gegenseitiges Training unter Kollegen (Peer Coaching) genutzt werden. Solche „Freiräume“ sprechen sich schnell herum und erzeugen Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Ebenso wie eine Einladung der Mitarbeiter zu Grillfesten, Feiern oder Abteilungsessen, auf denen die Vorgesetzten die Mitarbeiter bedienen. Positiv aufgefasst werden auch spontane Anerkennungen von Leistungen durch den Chef, wie überhaupt Wertschätzung ein wichtiger Faktor für Mitarbeiterbindung ist.

Die Chance zur Persönlichkeitsentwicklung und -reifung ist für Talente entscheidend, und dies mit Hilfe einer inspirierenden Führungskraft. Dabei muss gefördert, gefordert und vor allem erst einmal zugehört werden; danach muss Wort gehalten werden. Dabei steht die frühe Übernahme von Verantwortung für die Talente an erster Stelle. Dadurch entsteht (fast) automatisch eine Wertschätzungs- und Belohnungskultur, die jeden Mitarbeiter mit seinen individuellen Erfahrungen, Kompetenzen und Potenzialen wahrnimmt. Voraussetzung dafür ist wiederum eine offene und vertrauensvolle Unternehmenskultur – und der Mut der Führungskräfte, sich von Mitarbeitern, die diese Kultur verweigern, konsequent zu trennen.

Der wichtigste Punkt für die Mitarbeiterbindung aber bleibt die Flexibilität des Unternehmens seinen Mitarbeitern gegenüber. Zum Beispiel die flexible Arbeitszeit-gestaltung, das zeitweise Mitbringen von Kindern oder die Arbeit vom Home Office aus. Dies trägt maßgeblich zur Work-Life-Balance und damit zur Mitarbeiterzufrie-denheit bei. Mitarbeiter sollten außerdem Möglichkeiten zur Mitsprache und Mitbestimmung erhalten – zum Beispiel in Form von Feedback zu Produkten und Leistungen der Firma.

Kommunizieren statt Kontrollieren

Manche Unternehmen messen heutzutage die Mitarbeiterbindung mit Hilfe von Zahlen. Insbesondere Konzerne haben in den letzten Jahren den „Employee Commitment Index“ eingeführt, der mittels Befragung überprüft, ob die Neigung des Mitarbeiters, beim eigenen Unternehmen zu bleiben und dort Leistung zu zeigen, gesunken oder gestiegen ist. In einem Fragebogen wird zum Beispiel erhoben: Würden Sie Firma X aufgrund Ihrer Er-fahrungen Freunden und Bekannten als Arbeitgeber weiterempfehlen? Würden Sie sich bei Firma X wieder bewerben? Wie stark identifizieren Sie sich mit Firma X? Wie beurteilen Sie die Motivation Ihrer direkten Kollegen? Wie schätzen Sie die Wettbewerbsfähigkeit von Firma X ein? Ankreuzen können Mitarbeiter bei sol-chen Befragungen meist auf einer Skala zwischen „sehr hoch“ bis „sehr gering“. Eventuell folgt noch die Aufschlüsselung nach Führungsbereichen und -ebenen. Zusammenfassend kann man sagen: Führungskräfte müssen neben klassischen handwerklichen Führungsfähigkeiten wie Planen, Delegieren und Kontrollieren weitere – oft unterschätzte – Eigenschaften zeigen: Sicherheit und Orientierung bieten, Vorbild sein, fragen und zuhören können, eine Atmosphäre für Leistung und Engagement schaffen sowie Feedback geben und nehmen. Diese weichen Faktoren von Führung, die sozialen und emotionalen Fähigkeiten, etwa Empathie und Kommunikation, können genauso trainiert werden wie verschiedene Motivationstechniken. Voraussetzung ist aber in jedem Fall die Bereitschaft der Führungskraft, sich selbst im Spiegel anzuschauen und sich gegebenenfalls auch selbst zu verändern.

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